PS: Inzwischen ist der Blog wieder weitestgehend vollständig nutzbar. Der technische Zahn der Zeit hatte vieles außer Gefecht gesetzt. Nun sind wir technisch wieder Very-up-to-date. Danke für Euer Verständnis, falls das ein oder andere optisch noch nicht wieder ganz so aussieht wie früher.
Yukon-Feeling kann man nicht genug bekommen, oder? Am kommenden Dienstag wird der Fotograf Robert Neu jedenfalls in einem Livestream über seine 3000 Kilometer Yukon-Expedition berichten. Der Livestream ist kostenfrei und klingt super spannend. Deswegen wollen wir Euch unbedingt darauf hinweisen.
Das ganze wird von „Welt & Wir“ organisiert, die über alle möglichen Reisethemen berichten. Die Jungs und Mädels verfahren da nach dem solidarischen Prinzip: Jeder Zuschauer kann – wenn er möchte – einen kleinen finanziellen Beitrag leisten, muss es aber nicht. Es gibt laut Website auch keine Werbung.
Worum es in dem Yukon-Livestream gehen wird? Der Fotograf Robert Neu ist mit seinem Schlauchboot und reichlich Ausrüstung von der Quelle bis zur Mündung des Yukon in die Beringsee gefahren – also genau unsere Expeditionsstrecke. Und wenn er in dem Livestream von Bären, Bibern und der so fantastischen Natur berichtet, wird das bestimmt für alle mit Kanada-Begeisterung ein schöner Abend. Wir schauen auf jeden Fall mal bei Robert rein.
Alle GPS-Waypoints und Tracks für den Yukon liefern wir Euch hier. Sie beginnen in Whitehorse (Kanada) und reichen bis Emmonak an der Beringsee. Auf vielfachen Wunsch liefern wir Euch hier den Download der GPX-Datei mit den detaillierten Wegpunkten.
Inhalt: Mehr als 3000 Waypoints und Tracks
Strecke: Whitehorse/Kanada bis Emmonak/Alaska
Format: GPX-Datei
Kompatibilität: GPS-Geräte, Google Earth, QGIS etc.
Lizenz: Private Verwendung, keine kommerzielle Nutzung, öffentliche Wiedergabe nur mit Angabe der Quelle
Wer sich mit Geodaten etwas auskennt, kann von jedem Tracking Point auch die Zeitstempel auslesen. Dann seht Ihr, wie lange es von einem bis zum anderen Bereich auf dem Yukon dauert. Wir haben auch noch separate Daten mit allen unseren persönlichen Wegpunkten wie Städten am Yukon, Einkaufslisten und Zeltplätzen. Bitte schreibt uns an mail@yukon-blog.de, falls Ihr daran Interesse haben solltet.
Herausforderungen gibt es auf dem Yukon mehr als genug. Doch wie gehen wir mit Warnungen von Einheimischen um? Wenn plötzlich jemand unseren Traum infrage stellt? Lest hier im Yukon-Blog eine neue Kurzgeschichte.
Warnende Worte in Circle City
„Ihr werdet es niemals bis zur Beringsee schaffen“. Sagt da dieser kleine, dunkelhaarige junge Mann am Ufer. Ihr werdet es niemals schaffen. Das sitzt. Wir haben hier in Circle City gerade kurz vor Ladenschluss noch ein paar sündhaft teure Zwiebeln gekauft. Und jetzt sitzen wir auf einer Holzbank in der Nachmittagssonne, in der letzten Stadt am Yukon, die noch durch eine Straße erreichbar ist. „Der Yukon ist lang, er ist sehr gefährlich“, sagt dieser Mann namens Aiden, der sich zu uns gesellt hatte. Bis zur Beringsee sei es noch weit. Zu weit.
Ihr werdet es niemals schaffen.
Ist dieser Mann ein Prophet? Ein Mann, der unser Unheil kommen sieht, weil er den Yukon kennt wie seine Westentasche? Ein wenig irritieren uns seine vehementen Worte schon. Die Einheimischen sollten ihren Fluss, ihr Lebenselixier doch eigentlich am besten kennen. Haben wir vielleicht doch noch keine rechte Ahnung davon, was auf den verbleibenden 2000 Kilometern auf uns wartet?
Vielleicht aber weiß vielmehr Aiden nicht, dass wir unsere Expedition zwei Jahre lang geplant haben. Dass wir uns intensiv auf viele Unwägbarkeiten auf dem Yukon eingestellt, nur die beste Ausrüstung gekauft und schon 1000 Kilometer hinter uns haben. 1000 Kilometer, die teilweise hart waren. Wir wissen ja selbst, dass der härteste Teil noch kommt: weniger Strömung, unplanbares Wetter, kurze Tage, Stürme. Und uns ist klar, dass noch vieles passieren kann, was uns zwischen dem Hier und Jetzt und der Beringsee mächtig in die Quere kommen kann.
Ihr werdet es niemals schaffen.
Aidens Worte haken sich im Kopf fest, auch wenn sie sich nicht festhaken sollen. Er will mit uns am Abend selbstgemachten Schnaps trinken. Wenn Ihr schon mal hier seid, so das unausgesprochene Motto, könnt ihr mir doch Gesellschaft leisten. Doch uns ist nicht wohl dabei. Wir wollen nicht zelten in Circle, einem Dorf, in dem erfahrungsgemäß nachts herumbrausende Quads den Schlaf stören. Und Schnaps trinken wollen wir gerade eigentlich auch nicht. Wir wollen los, unser Abenteuer auf dem Yukon soll weitergehen.
Ihr werdet es niemals bis zur Beringsee schaffen.
Diese Worte hallen nach. Doch als wir Circle in Richtung Yukon Flats verlassen und unsere Paddel ins Wasser stechen, sagen wir uns: Jetzt wollen wir es schaffen. Jetzt erst recht.
Wie bleibt man eigentlich sauber am Yukon? Sorgt für ein bisschen Körperhygiene? Das werden wir oft gefragt. Lest deswegen hier bei uns eine neue Kurzgeschichte.
Über das Duschen am Yukon
Wer auch immer in der Menschheitsgeschichte die Dusche erfunden hat: Man überschütte ihn mit Lob und Gold. So lauten unsere Gedanken, wenn wir nach Wochen in der Wildnis gelegentlich das Glück haben, uns eine Portion heißes Wasser über unsere Abenteurerkörper fließen zu lassen.
Die Bedingungen sind meist kompliziert und selten komfortabel, sind meist abenteuerlich und selten hygienisch. Aber all das ist wie weggespült, wenn Schweiß und Sand von Hunderten Yukon-Kilometern dank einigen Litern warmen Wassers Geschichte geworden sind. Dann trocknen wir uns ab und spüren es, das kleine, wohlige Glück. Diese Momente der gefühlten Neugeburt sind uns nur wenige Male vergönnt. Und weil wir hart für sie gekämpft haben, bleiben sie uns nachdrücklich in Erinnerung.
Dreibein für großes Dusch-Vergnügen
Die allererste Dusche gönnen wir uns nach wenigen Tagen Yukon-Reise am Lake Laberge. Unser Körper pendelt da gerade noch zwischen Zivilisation und Verwilderung. Und wir beschließen an einem malerischen Strand zu Füßen von kiefernbewachsenen Bergen: Etwas warmes Wasser würde unseren Tag zu einem besseren Tag machen. Also bauen wir aus Treibholzstämmen und Packriemen eine Art überdimensionales Dreibein. Dann schleppen wir große Mengen Feuerholz zum Lager, um Yukon-Wasser auf Dusch-Temperatur zu bringen.
Bald brodelt und dampft und zischt es in unseren Töpfen. Und dann geben wir heiß zu kalt in unseren schwarzen Wassersack. Über Kies und Stein, im Adamskostüm, geht es damit zur improvisierten Duschstelle. Und während wir uns einseifen und das wenige warme Wasser über uns laufen lassen, blicken wir auf den Lake Laberge und den sich darin spiegelnden Sonnenuntergang. Und hoffen, dass da draußen nicht gerade ein Kanut mit Adleraugen oder Feldstecher unterwegs ist. Obwohl uns das mittlerweile auch schon egal ist. Das Leben in der Natur verschiebt die Schamgrenzen.
Einfach duschen kann ja jeder
Dunkelheit. Folterkeller. Wie im falschen Film fühlen wir uns in Dawson City, wo wir auf einem Campingplatz unterkommen. Campingplatz auf kanadisch bedeutet eine flache Wiese zum Zelten und einen Unterstand zum Kochen und Essen. Als wir nachmittags mit Sandalen und Shampoo bewaffnet Richtung hölzernes Duschhaus stolpern, schlägt uns beim Öffnen der Tür eine saunaartige Hitzewelle entgegen. Ein quadratischer Raum von vielleicht drei mal drei Metern, stockfinster, links ein riesiger Bollerofen, in dem das Holzfeuer prasselt und darüber reichlich Yukon-Wasser erhitzt. Und daneben ein weiterer Bottich mit kaltem Wasser.
Wir mixen uns in einem Messingeimer unsere Dusch-Mischung zusammen. Und dann setzen wir uns auf dieses Höckerchen inmitten des Raumes, nur von einem kleinen Oberlicht beschienen. Modell Eimerdusche! In einem Arrangement, in dem wir jeden Moment einen amerikanischen Agenten zum Verhör erwarten. Just in diesem Moment klopft dann tatsächlich jemand an – doch es ist nur der duschwillige Zeltnachbar. Die folgende Eimerdusche verschafft uns ein kurzes, aber wohltuendes Vergnügen.
Die Dusche macht, was sie will
Schikaniert fühlen wir uns hingegen beim Duschen in Ruby, viele Yukon-Meilen später. Wir kämpfen uns bei hochsommerlichen Temperaturen die Hügel des Dorfes hinauf. Selbst hier lauern die Mücken, als wir zunächst fast in einem Pumpwerk und dann doch in der Washeteria landen. Jan-Philipp und ich wollen gleichzeitig duschen und staksen in die beiden Waschräume. Doch mein Münzautomat verweigert beharrlich die Kooperation. Da stehe ich also, wie Gott mich schuf, und zwischen einer heißersehnten, nein, herbeigeflehten Dusche und mir steht eine unwillige Maschine. Wo man auch drückt und schlägt: die Münzen wollen nicht in den Schlitz.
Resignation, Frust. Doch dann öffne ich auf Verdacht den Duschhahn und kann mein Glück nicht fassen: Ein großer Schwall heißen Wassers prasselt auf mich herein. Ich jauchze, ich tanze und dusche mir doch erstmal möglichst schnell das Shampoo und den Dreck vom Leib. Wer weiß, wann dieser störrische Münzautomat die Wasserleitung kappt? Doch das hat er gar nicht vor, so dass ich mir den Luxus von zehn Minuten heißem Wasser gönne. Ich reibe mich trocken, ziehe mich an und marschiere tiefenentspannt zu Jan-Philipp. Um dann zu vernehmen, dass seine Dusche sogar alle seine Münzen angenommen hat. Um dann zur Belohnung nur ein bescheidenes Rinnsal eiskalten Wassers loszulassen.
Das Leben kann sehr sehr ungerecht sein. Und da wissen wir noch nicht mal, dass wir bald in einer wenig vertrauenserweckenden Privatdusche oberhalb der Post in Grayling duschen werden, deren Konstruktion aus freistehenden Rigipswänden und offen heraushängenden Leitungen besteht. Oder die in Tanana, in der ein Wasser- und Schimmelschaden vor einiger Zeit offenbar rabiat mit einem Bohrhammer innerhalb der Dusche bekämpft wurde.
Heiße Quellen in Alaska
Der unangefochtene Höhepunkt ist aber ein anderer. Eine heiße Quelle soll es geben, großartig für eine Dusche und ein Bad, hoch oben in den Bergen. Chris Breier, ein anderer Yukon-Abenteurer, hat uns davon erzählt. Doch hier hat man vor die heiße Quelle eine epische Schlacht mit den Moskitos gesetzt. In welcher Anzahl und Vehemenz die Tierwelt auf uns losgeht, bringt uns bei sommerlichen Temperaturen an unsere Grenzen. Die Moskitos krabbeln auf den Händen herum, versuchen, jeden freien Quadratzentimeter Haut zu erreichen. Und dann stechen sie so blutrünstig zu, als rechneten sie damit, dass erst in einem Jahrzehnt wieder derart leckere Abenteurer den Wald betreten werden. Wir kämpfen uns voran, es ist schweißtreibend, immer durch den Wald, durch einen Pfad inmitten von mannshohem Farn. Wenn wir uns jetzt nicht wie Abenteurer fühlen, wann dann?
Uns so waten wir auch noch durch einen Bachlauf, biegen zwei Mal verkehrt ab und hören dann durch unsere Ohren aus der Ferne ein Rauschen. Und kurze Zeit später erreichen wir ein Wasserbecken, das mit blauer Folie ausgelegt ist. Was da vor sich hin sprudelt, ist nicht nur kristallklares Wasser, es ist heiß! Und so streifen wir unseren Netzhut ab und lassen das Nass über unser Gesicht fließen. Jan-Philipp hat schnell genug, weil ihn schon wieder die Moskitos auf dieser Lichtung plagen. Aber ich, ich kann einfach nicht aufhören, kniend vor diesem Wasserbassin, mir immer und immer wieder diese unglaubliche Wohltat von heißem Wasser über das Gesicht laufen zu lassen, bald tauche ich tief ein und genieße es in vollen Zügen. Und ich kann mit Fug und Recht sagen: Das ist die schönste Dusche meines Lebens.
Bis heute denken wir manchmal daran, was für ein Privileg das eigentlich ist, so lange und so oft duschen zu können, wie wir wollen. Ohne stundenlange Vorarbeit, ohne Münzeinwurf und ohne Moskitos. Aber so aufregend und schön ist es halt irgendwie auch nicht. FOTOS: YUKON-BLOG.DE
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