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Expeditionsbericht

Wenn am Yukon wieder mal alles anders kommt

Lange Paddeltage waren das in dieser Woche, sehr lange. Wir haben jeden Tag mehr als 60 Kilometer geschafft, und das bei viel geringerer Strömung und viel mehr Wind als zu Beginn unserer Yukon-Tour. Der Grund für den anstrengenden Mammut-Ritt auf den letzten 800 Kilometern bis zum Meer? Das außergewöhnliche Wetter. Der heiße Sommer schenkt uns gerade einige warme und trockene Tage im August, die in Alaska eigentlich schon weitaus stürmischer, kälter und regnerischer sein müssten. Man muss es so sagen: Wenn es einen Paddelgott gibt, dann paddelt er bei uns mit. Also paddeln wir gerade viel und lang und freuen uns, dass wir seit Galena mit unserem aktuellen Reisegefährten Dave wieder 300 Kilometer auf dem Yukon gemacht haben.

Weil wir aber neben dem Paddeln auch noch kochen spülen waschen packen essen wasserabkochen brotbacken lagererrichten feuermachen geräteladen und unter anderem auch schlafen müssen, gibt es hier im Blog derzeit nicht so viel wie gewohnt. Wir haben aber noch so manches in der Pipeline für Euch. Also habt einfach etwas Geduld und verfolgt doch solange unser Live-Tracking auf der Karte. 🙂

Wir werden jetzt noch einige Tage weiter Richtung Süden fahren, wo passenderweise auch häufig der Wind herkommt. Danach schlagen wir einen Bogen und fahren westlich, immer der Beringsee entgegen. Spätestens hier dürfte es noch einmal ziemlich ungemütlich werden: Stürme, hohe Wellen, extremer Regen und immer kühlere Temperaturen sind dort in Alaska die Regel. Bäume und Berge fallen als Windbrecher auch weg. Der Sommer? Dann wohl längst Geschichte.

Auch wenn es also vielleicht den Anschein erweckt, dass wir weit vor dem angepeilten 31. August am Ziel in Emmonak ankommen werden: hier darf man die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Wir haben schon so oft erlebt, dass der Yukon jäh ein anderes Gesicht bekommt und ein Vorankommen auf Tage unmöglich ist. Das hier ist, bei aller Idylle auf den Fotos, kein normaler Fluss wie in Europa. Er kann vom Badesee bis zum stark aufgerauten Meer alles sein. Und dazwischen liegt oft nur eine Viertelstunde.

Aber was soll’s? Wir liegen sehr gut in der Zeit und können uns zur Not auch einige Pausentage erlauben. Und so weit wir jetzt gekommen sind, wollen wir es auch unbedingt bis zur Beringsee schaffen. Und wenn wir dafür liegend auf einem Floß mit Stahlanker bis zum Ende paddeln müssen.

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Expeditionsbericht

Rendez-Vous mit Meister Petz (II)

Bären haben wir ja auf unserer Yukon-Tour mittlerweile das ein oder andere Mal gesehen. Immer vom Boot aus, in sicherer Entfernung. Da tapsten sie friedlich über den Strand oder soffen etwas Yukon-Wasser. Doch dann dieses Ereignis gestern Nacht.

Wir kochen also gerade unser Abendessen auf dem Lagerfeuer am Inselstrand, als plötzlich ein Schwarzbär aus dem Busch kommt, vielleicht 50 Meter entfernt. Er marschiert über den Strand auf eine Bucht zu und fängt an zu schwimmen – und wir greifen sehr schnell zu Waffen und Bärenspray. Wer weiß, ob der Bär nur die nahe Landzunge umschwimmen und dann geradewegs zu uns will? Immerhin brutzelt gerade das Essen in der Pfanne.

Bange Blicke. Und lieber ein Warnschuss Schrot in die Luft, der einen mächtigen Widerhall von den umliegenden Bergen auslöst. Spätestens jetzt wird der Jungbär richtig schnell, versucht, auf die andere Seite des Flusses zu gelangen, ohne von der Strömung abgetrieben zu werden. Schließlich erreicht er das rettende Ufer. Und aus der Ferne sehen wir reichlich aufspritzendes Wasser und ein in den Wald galoppierendes Tier. Der Schreck durch diese unfreiwillige Begegnung war wohl auf beiden Seiten groß.

Später kommen zufällig zwei Einheimische mit dem Boot vorbei. Sie erzählen uns bei einem Bier, dass wir hier keineswegs auf der Sevenmile Island campen, wie es die Karte ausweist. Die Einheimischen nennen unsere Insel einfach nur: Bäreninsel.

Wir haben dann später in der Nacht lieber mal ein besonders großes Feuer zur Abschreckung gemacht.

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Expeditionsbericht

Betrunken im Pickup, Shopping in Galena

Vereinzelt sind ja Befürchtungen laut geworden, dass wir uns derzeit vorwiegend mit Wetter und Moskitos beschäftigen. Dem ist natürlich nicht so. Heute etwa waren wir einkaufen, für schlanke 500 Dollar Lebensmittel in Galena. Die horrende Summe liegt dabei weniger in unserem ausgefallenen Geschmack oder erlesenen Speisen begründet, sondern wieder einmal in der abseitigen Lage Galenas im Westen Busch-Alaskas.

Galena, das letzte größere Dorf bis zur Beringsee, 800 Einwohner, das Meer ist nach Luftlinie nicht mehr weit. Nach einem halben Tag kennen wir jeden zweiten Einwohner und jeder kennt uns; spätestens nach zwei nächtlichen Fahrten auf der Ladefläche eines Pickups. Die Fahrer? Hilfsbereit, aber natürlich wie so häufig betrunken. Galena jedenfalls erstreckt sich mit seinen Häusern und Baracken über ein Gebiet, auf dem in Deutschland viele viele Tausend Menschen wohnen würden. Hier aber verfährt man offenbar nach dem Motto: Baue alle Gebäude möglichst weit auseinander, damit man ohne Auto oder Quad auch ja nichts fussläufig erreichen kann. Selbst die zentralen Anlaufstellen wie Einkaufsmarkt oder Post sind mehr als drei Kilometer voneinander entfernt. Aber doch, einen irrlichternden Fahrradfahrer haben wir getroffen. Der war allerdings wieder einfach am helllichten Tag betrunken.

Unser Einkauf also. Wir wollen uns damit, zusammen mit den noch vorhandenen Lebensmitteln, vier Wochen autark versorgen können. Vereinzelt werden wir zwar zwischendurch noch das ein oder andere zukaufen können, aber auf Öffnungszeiten oder Produktpalette verlässt man sich hier in Alaska besser nicht.

Damit Ihr Euch ein Bild vom Ergebnis unserer Shopping-Tour machen könnt, hier unsere Liste.

– 2 x Pkg. Kartoffelflocken, $4.25

– 1 x Milchpulver, $6.19

– 10 x Tunfisch-Dosen, $19.90

– 2 x Gr. Packung Haferflocken, $21.90

– 1 x Gallone Campingbenzin, $33.95

– 3 x Hühnchen in der Dose, $14.85

– 3 x Paprika, $8.99

– 3 x Packung Nudeln, $9.87

– 4 x Twix, $4.76

– 10 x Trockenfleisch, $86.30

– 3 x M&Ms, $19.17

– 8 x Äpfel, $5.70

– 4 x Bananen, 4.05$

– 4 x Weiße Jumbo-Zwiebeln, $10.27

– 2 x 1,3kg Mehl, 20.34$

– 1 x Käse, $9.49

– 1 x Maismehl, $6.99$

– 4 x Tomatensauce, $13.56

– 1 x Marmelade, $6.99

– 1 x Honig, $7.19

– 106 x Müsliriegel, $106.36

Laut Kassenbon haben wir übrigens auch noch Meeresdeo für acht Dollar erworben. Dieses allerdings konnten wir in unserem Einkauf auch mit viel Phantasie nicht entdecken, hoffen aber auf die Meeresbrise am Ende unserer Tour. Egal, wir haben jedenfalls als Abenteurer bei der netten Kassiererin Sarah im „Sweetsirs“ standesgemäß in Dollarscheinen bezahlt. Und unseren Großeinkauf mit dem Bootswagen über die staubigen Straßen zurück zum Boot gebracht. Unsere Peli-Ausrüstungskisten sind jetzt wieder prall gefüllt und wir sind guter Dinge. Der Paddel-Monat August, die letzten 800 Kilometer bis zur Mündung des Yukon in die Beringsee können kommen.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

English abstract: After strong headwinds in the last two days, we arrived in Galena at Friday night. Galena has 800 inhabitants, of course no road connection and no city centre. We had a nightly ride on a pickup of a drunken grandmother and a shopping for 500 bucks to stock up food again. Now, we feel well prepared for the last four weeks of our journey.

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Expeditionsbericht

Entdecke Alaska, finde eine Million neuer Freunde

Ja, wir hatten das Thema bereits. Und ja, irgendwann musste es so kommen. Aber heute haben uns die Moskitos im wahrsten Wortsinne mit ungeahnter Härte eingeholt. Egal wie schnell wir sind, egal, wie nah wir auf dieser Insel am Wasser stehen: Diese kleinen Biester schwirren um uns herum. Nicht zu Dutzenden, mindestens zu Hunderten. In allen Formen, Größen und Stechvarianten.

Also laufen wir hier trotz warmem Wetter in spassbefreiter Ganzkörperbekleidung herum. Als wichtigstes Utensil stellt sich ausserdem der Moskitohut mit Netz heraus, den wir derzeit gegen nichts in der Welt eintauschen würden. Es gibt zwar auch DEET-Moskitospray, dieses lässt aber beim Blick auf die Bestandteile dermaßen erschaudern, dass wir meistens die Finger davon lassen. Auch das Ausräuchern unserer Kleidung hat zwar weithin riechbare Auswirkungen, lässt die Insekten aber unbeeindruckt.

Also laufen wir hier sichtbeschränkt wie zwei betrunkene Imker über die Insel. Bauen unser Zelt auf, suchen Treibholz zusammen, errichten ein Lagerfeuer und kochen unser Abendessen. Und werden stets von einem Schwarm stecknadelgroßer Quälgeister verfolgt. Wer hat Ihnen Bescheid gesagt, wo kommen alle ihre Millionen Freunde her? Uns wäre hier gerade weniger Aufmerksamkeit recht.

Vielleicht gilt hier in Alaska die Weisheit, dass jeder Opfer bringen muss, der die atemberaubende Schönheit des Landes entdecken will. Doch diese Einsicht will nur gemächlich Einzug halten in Momenten, in denen schon das Essen moskitobedingt zur geselligen Veranstaltung wird.

Wir bleiben dennoch für die restlichen 1000 Kilometer tapfer. Und gehen jeden weiteren Tag beim Thema Moskitos mit der grimmigen Gewissheit an, dass wir immer noch am Ende der Nahrungskette stehen.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

English abstract: After the blog post „The Mosquitoes“ we are not proud to present „The Mosquitoes Return“. Probably, the sequel „The Mosquitoes Revolutions“ follows soon.

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Durch die ewige Mittsommernacht

Es wird nicht dunkel in diesem Tagen am Yukon. Kaum ist die Sonne gegen zwölf Uhr hinter den Bergen Alaskas verschwunden, setzt die Dämmerung ein. Doch selbst um zwei Uhr, drei Uhr, vier Uhr ist es noch so hell, dass man im Freien ein Buch lesen könnte. Besondere Stunden sind das, die wir derzeit allerdings nicht zum Lesen, sondern zum Paddeln nutzen müssen.

Tagsüber pfeift der Wind teilweise so stark durch die Bergschluchten, dass ein Vorankommen oft gefährlich und noch viel anstrengender wäre, als es sowieso schon ist. Nachts hingegen gönnt uns die nachlassende Thermik einige etwa ruhigere Stunden.

Also starten wir unseren Paddeltag meist erst gegen sieben Uhr abends. Und dann geht es hinein in die Nacht, die uns oft mit klarem Himmel, später dann kühler und klarer Luft empfängt. Einzelne Möwen ziehen über unserem Kopf hinweg, im Wasser erkennt man ab und zu die Bahnen eines Fisches. Andere Menschen, Boote? Fast immer Fehlanzeige. Stattdessen Stille in den Weiten Nordamerikas. Und vor allem eine Paddelnacht mit einem Wind, gegen den es sich abarbeiten lässt. Die bis zu 60 Zentimeter hohen Wellen gegen den Strom, die wir teilweise tagsüber erlebt haben, sie haben sich nachts noch nicht blicken lassen. Die Yukon Flats haben wir nun hinter uns, nun ist der Fluss wieder ein Fluss, kein Meer aus Inseln. Breit und mächtig ist er aber weiterhin, und das wird auch so bleiben.

Doch so schön und friedlich das aktuelle nächtliche Paddeln auch sein kann: Wenn wir richtig Strecke machen wollen, wird es anstrengend, und es wird spät. Besser, es wird früh. Dann wird es kalt, die Mücken piesacken uns sogar während des Paddelns. Und irgendwann sehnt man dann den warmen Schlafsack herbei.

Gestern gab es nach 90 zurückgelegten Kilometern immerhin noch eine Runde selbstgebackenes Brot mit Lachs. Um fünf Uhr morgens lagen wir schließlich im Zelt. Und konnten mit der Gewissheit einschlafen, dass wir wieder einen guten Paddeltag erleben durften. Dumm nur, dass die Sonne spätestens um zehn Uhr morgens unser Zelt regelmäßig in einen Backofen verwandelt, sodass wir fluchtartig ins Freie müssen. Der eine früher (Jan-Philipp), der andere etwas später (Philipp). Mittsommernächte 2015 und ihre Begleiterscheinungen.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

English abstract: Since some days, we switched paddling to night schedule. At this time, the headwinds aren’t that strong and dangerous. And it even has some nice sides, like the midnight sun. So we sometimes paddle up to to 3 or 5 a.m. which can be just semi-nice as are the mosquitos. But at least we can always look forward to our self-made bread with salmon as our midnight dinner.