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Expeditionsbericht

Hochsommer am Polarkreis: Ankunft in Fort Yukon

Wir paddeln nun offiziell durch ein Polargebiet. Gestern haben wir auf unserem Weg den Breitenkreis 66,56° überschritten, heute machen wir einen Pausentag in Fort Yukon. Allerdings fühlt sich dieses ominöse Polargebiet gerade sehr unarktisch an: Wir sind vielmehr mitten im Hochsommer Alaskas.

Seit mehreren Tagen haben wir hier Temperaturen jenseits der 28 Grad Celsius und keinerlei Regen. Unsere Bräune erinnert eher an einen Karibik-Urlaub als an eine Paddel-Expedition im hohen Norden Amerikas. Aber halt: Klage führen wollen wir nicht. Wir haben schon anderes Wetter, schon andere klimatische Bedingungen hier am Yukon erlebt. Und wir werden auch wieder völlig andere Bedingungen haben.

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Fort Yukon also, eine 800-Seelengemeinde fast am nördlichsten Punkt des Yukon. Wir haben unser Zelt auf einer Rasenfläche aufgestellt, die bisweilen als Versammlungsort für die Natives genutzt wird. Ansonsten, Fort Yukon, nun ja. Für Alaska-Verhältnisse eine riesige Stadt, allerdings ohne Straßenverbindung zur Außenwelt. Und dass alle Güter aus der Luft herantransportiert werden, merken wir am regen Flugverkehr über unseren Köpfen. Es reicht aber ein Blick auf den Kassenbon des Dorfsupermarkts. Wir sagen nur: Zehn Dollar für drei Paprika. Doch für frisches Obst und Gemüse haben wir diese Summeg erne bezahlt, so schwer ist es in Alaska zu bekommen.

Fort Yukon. Staubige Straßen, Nadelwald, Zweckbauten in allen Farben eines Tuschekastens. Verlassene Gebäude aus Wellblechpappe, herumrasende Quads. Ein Dieselgenerator, der ununterbrochen röhrt und das Dorf mit Strom versorgt. An das letzte Verbrechen kann sich hier keiner mehr erinnern, eine Person fungiert als Bürgerwehr, kutschiert aber eher gemütlich durch die Stadt und ignoriert Besucher mit verbotener Bierflasche in der Hand – wie unserer derzeitiger Mitreisender Garret. Oder Philipp, der sich nach dem Supermarkteinkauf auf der Ladefläche eines Pickups in halsbrecherischer Fahrt zurück zum Zelt bringen lässt.

Fort Yukon. 1280 Kilometer Yukon liegen hinter uns. Zeit, die Millionen Kleinigkeiten zu erledigen, die von Zeit zu Zeit anfallen. Wie zum Beispiel: Feststellen, dass das Bloggen über Satellit alles andere als reibungslos funktioniert und das System alle englischen Zusammenfassungen und einige andere Absätze verschluckt hat. Sorry, als die Iridium-Satelliten gebaut wurden, gab es noch keine Blogs. Wir arbeiten dran.

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Was erledigen wir sonst noch heute? Unsere Ausrüstung reinigen und in Ordnung bringen, Geräte laden, Kleidung waschen, Boot reparieren, Lebensmittel einkaufen und umpacken, alles wieder auf Vordermann bringen. Und ja, auch mal kurz Luft holen nach einem so großartigen ersten Monat hier in Nordamerika.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

English abstract: Sorry, the blogging via Iridium satellites is not without issues. Without any reason, the system didn’t post the last English abstracts we wrote for you. Hopefully, we have fixed that now. We try to attach the abstracts to the blog posts. So, what’s going on? We are beyond the arctic circle, but it doesn’t feel like it. We are seeing temperatures above 28 degrees Celsius and lots of sun. We are really enjoying this as we already had and definitely will experience other weather conditions again. We did a break in Fort Yukon for repairing things, doing the Laundry, stock up food and many more things which have to be done on such a long trip. We are now on Mile 795 of the Yukon River, and our expedition continues tomorrow morning.

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Multimedia Randnotiz

Goldrausch in Alaska: Eine Doku-Soap zum Mitfiebern

Sie schürfen Gold in Alaska, so wie es schon Generationen getan haben. Sie trotzen widrigen Bedingungen, um an das zu kommen, was da im Erdreich seit Jahrtausenden schlummert. Es geht um die Goldschürfer am Yukon und um eine fabelhafte Fernsehserie auf DMAX. Selbst wenn Ihr diese noch nicht kennt, lohnt sich ein Seitenblick auf Dave, Todd, Parker, Tony und Partner. Denn „Goldrausch in Alaska“ ist nicht nur eine in unseren Augen spannend erzählte Reihe über eine Arbeit in den weiten Alaskas, die inzwischen ganz anders abläuft als zu Beginn des Goldrauschs am Yukon. Eigentlich ist es weniger als eine Mission, der die Mannen da nachgehen. Und doch läuft es am Ende nur auf die Anzahl an Unzen Gold heraus, die die Saison erbracht hat.

Darüber hinaus erzählt die Serie von einem Menschenschlag, der teilweise aus dem Nichts und finanzieller Not kommend völlig planlos an die Sache herangeht. In ihrer Hemdsärmeligkeit und ihrem grenzenlosen Idealismus erinnern die Protagonisten der Reihe dann trotz mittlerweile anderer technischer Möglichkeiten sehr an die ersten Männer und Frauen Ende des 19. Jahrhunderts am Klondike. Damals ließen sie ihr altes Leben hinter sich und fanden doch oft nur Erde oder sogar den Tod. Manche wurden aber auch unermesslich reich und schrieben Geschichte. Zumindest darüber, was die Faszination Gold mit Menschen machen kann. Das ist der Stoff, aus dem früher und heute Heldengeschichten geschrieben werden.

Reichtum, Ruhm und Nuggets

Im Kern geht es bei „Goldrausch in Alaska“ um mehrere Teams, die weitgehend unabhängig voneinander in den Weiten Alaskas nach Gold schürfen. Jeder auf seine Methode, jeder mit seinen Möglichkeiten, jeder mit Menschen im Team, die man wohlwollend Charaktere nennen würde. Motto: Jungspund gegen Alteingesessenen, Millionär gegen Mittellosen. Und all das gibt am Ende Dutzende Folgen und DVDs? Ja, mittlerweile ist die Serie bei Staffel fünf angekommen. Ist „Goldrausch in Alaska“ also doch nur eine moderne Soap? Vielleicht. Aber es ist auch ein spannender Einblick in die Region, die wir in Bälde bereisen werden.

Zum Erfolg trägt sicher bei, dass die Filmteams sehr nah an den Goldschürfern dran sind, dass sie alles filmen dürfen und auch alles filmen. Und das verwebt die Produktion dann so, dass ein Handlungsstrang fast immer an ein klassisches Drama erinnert.


Goldrausch in Alaska: Ein typischer Handlungsstrang in fünf Schritten

  1. Exposition: Die Goldschürfer werden vorgestellt, der bessere Bagger präsentiert, der neue Claim gezeigt, die zukünftigen Probleme wie zu wenig Wasser, Gold, Sand, Diesel oder Personal schon angedeutet. Teilweise entsteht zusätzliche Fallhöhe, indem auf die Erfolge der letzten Saison verwiesen wird.
  2. Komplikation: Die Situation verschärft sich: Spätestens nach einigen Tagen taucht ein Problem auf für die Helden: Der Kran kann die Teile nicht transportieren, ein Claim bringt zu wenig Ertrag, es gibt Zwist untereinander, die Pumpe liefert nicht genug Wasser zum Auswaschen der goldhaltigen Minerale.
  3. Peripetie: Die Handlung erreicht ihren Höhepunkt: Der Kran lässt ein schweres Teil fallen und gefährdet die Goldschürfer. Die Minenbehörde konfisziert den Claim. Ein Bagger oder die Goldwaschmaschine gibt endgültig den Geist auf.
  4. Retardation: Das hinhaltende Moment, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Teilweise zeigt man einfach andere Helden, die gerade Erfolg haben und schneidet das gegen. Teilweise werden Niederlage einfach noch mal ausgekostet, die Goldschürfen diskutieren am Lagerfeuer ihre Probleme, traurige Musik, Debatten.
  5. Lysis: Im Drama kann es jetzt zur Katastrophe kommen, wie etwa der Tod Hamlets. Bei DMAX ist es aber meist die sogenannte Kartharsis. Ein seltenes Ersatzteil wird also doch noch rechtzeitig geliefert, der nächste Clean-Out bringt eine Rekordsumme, alle feiern den Erfolg und die überwundenen Schwierigkeiten. Und spätestens mit der nächsten Folge kann die Serie dann wieder bei der Komplikation bei den Goldschürfen anfangen. Denn dauerhafter Erfolg bringt bekanntlich weder Freunde noch Einschaltquoten.

Wer also nur komplexe tragische und tierschürfende Handlungsabläufe liebt, für den ist „Goldrausch in Alaska“ sicherlich eher nichts. Aber was man den Machern schwerlich absprechen kann, ist ein Händchen für gute erzählte Geschichten, selbst wenn man die Machart schnell durchschaut… Und ob man will oder nicht, das Gold-Yukon-Setting übt einfach bis heute eine Faszination aus.

Für uns ist es diese Mischung aus Wahnsinn, Erfolg, Scheitern, aus Natur, Abenteuer, Alaska, die aus der Serie ein echtes Drama macht, bei dem man als Zuschauer mitfiebert. Erst recht, wenn man ein Faible für große schwere kraftstrotzende Maschinen hat, die für alle unmöglichen und möglichen Aufgaben herangezogen werden. Und vielleicht haben wir ja am Ende am Yukon Glück und treffen in Dawson City einer der Gestalten, von denen „Goldrausch in Alaska“ seit fünf Staffeln erzählt.

FOTO: WIKIPEDIA CC ATTR. 2.0 GENERIC

 
 
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Randnotiz

So groß und einsam ist Alaska wirklich

Dass Alaska nicht eben ein kleiner US-Bundesstaat ist, zeigt schon ein schneller Blick auf die Karte. Welche Dimension er tatsächlich besitzt, unterschätzt man dennoch schnell. Die Seite „Amazing Maps“ hat deswegen mal den Vergleich gezogen. Und der ist dann doch noch einmal beeindruckend.

 

Und in unserer kleinen Geographie-Stunde geht es gleich weiter. Denn in welchem Bundesstaat ist bevölkerungstechnisch so richtig… wenig los?

 

Alaska ist also groß und dünn besiedelt. Stellen wir doch Google zum Abschluss mal eine einfache weitere Frage. „Warum ist Alaska so…“

 

Nun ja, die Antwort klingt jetzt wenig nach Abenteuer und Lagerfeuer. Aber besser als „poor“ und „corrupt“ allemal. Außerdem können wir uns ja uns schon bald selbst ein Bild machen. Und dann werden wir die Frage „Warum ist Alaska so …“ wahrscheinlich weniger ökonomisch beantworten. Wie wäre es zum Beispiel mit idyllisch, wunderschön? Wir lassen es auf uns zukommen.

 

Thanks to the amazing website Amazing Maps, we learned a lot about the state of Alaska. According to this website, Alaska is very big, very lonely and very expensive. But we are quite sure we have to add more and other characteristics to this list.


 
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Expeditionsplanung

Flusskarten vom Yukon: Wie die paddelnden Piloten

Riesig, das ist der erste Eindruck. Wenn man die 1,46 x 1,07-Meter-Detailkarten von Alaska und dem Yukon-Territorium ausgebreitet vor sich liegen hat, bekommt man eine Ahnung von den gewaltigen Dimensionen dieser Region. Jetzt wurden diese sogenannten TPC-Karten geliefert, die uns als Orientierung auf der Paddel-Tour bis zur Beringsee dienen sollen. Und da Ihr unsere Tour inzwischen kennt, sind natürlich auch diese Karten nicht einfach irgendwelche Karten.

Unvorstellbare Dimensionen. Wir reden von den Karten eines Gebiets, das mit 740.000 weniger Einwohner hat als die Stadt Köln, aber gleichzeitig sechs Mal so groß ist wie die Bundesrepublik. Ein Gebiet, das mit gewaltigen Gebirgsformationen, ewigen Flussdeltas und einer unbeschreiblichen Natur aufwartet. Das aber gleichzeitig Defizite bei sauber ausgearbeiteten Karten hat. Zahlreiche Geo-Buchhandlungen haben die Segel gestrichen, viele Kontaktanfragen in die USA sind versandet. Aber des wunderbaren Walter Steinberg sei dank sind wir auf die sechs blattweisen TPC-Karten gestoßen, die nun bei uns liegen.

TPC Yukon River. Public Domain. US Ministry of Defense.Nur fliegen ist schöner. TPC steht für Tactical Pilotage Charts, also für taktische Pilotenkarten. Die Karten wurden vom amerikanischen Militär ursprünglich für die Luftnavigation herausgegeben. Aber irgendwie sind wir ja auch Piloten, nur paddelnde. Und die TPCs bieten sehr exakte Informationen. So finden sich im Maßstab 1:500.000 etwa Städte, Straßen, wichtige Landschaftsformationen, Wasserwege und Höhenlinien. Zwar hat das US-Militär die Karten irgendwann nach Ende des Kalten Krieges nicht mehr fortgeschrieben. Doch dies schmälert ihre Nützlichkeit nur wenig. Und der Fluss selbst verändert sich in einem gewissem Umfang so schnell, wie sowieso keine Karte dieser Welt mitzuhalten vermag.
 
Beistand von ganz oben. Zusammen mit unseren digitalen Karten im bereits erworbenen Delorme Inreach Explorer fühlen wir uns nun mit diesen Kartenblättern für die Tour gerüstet; auch die Yukon River-Guides von Michael Rourke sind sicher aufschlussreich. Und ein Blick auf unsere neuen kanadischen Karten zeigt, dass wir bei unserer Tour Schützenhilfe von ganz weit oben haben. Als Copyright ist auf diesem Kartenwerk vermerkt: „Copyright 2005 Her Majesty the Queen“.
FOTOS: US MINISTRY OF DEFENCE PUBLIC DOMAIN (OBEN), YUKON2015.DE

 
 

Fluss-Karten (TPC) für den Yukon River

Achtung: Die Grafikdateien sind jeweils 20 MB groß. Als gedruckte Karten haben wir sie bei OmniMap bezogen. Teilweise sind die TPC-Karten im Antiquariat verfügbar. Europäische Buchhandlungen führten zum Zeitpunkt unserer Recherche nur einzelne Blätter. Es gibt auch noch USGS-Karten im Maßstab 1:250.000 bei der University of Texas, die man auch ausdrucken lassen kann – danke an Oliver für diesen Tipp!


Both Alaska and Canada are lacking up-to-date printed maps for nautical navigation. The Tactical Pilotage Charts (TPC) released by the US Government turned out to be the product which suits our demands best. They come in a scale of 1:500.000 which should be adequate for planning, as these charts are complementary to our Inreach Explorer maps. We bought six chart sheets at Omnipage which we’ll carry with us weather-sealed.


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Die Touren der Anderen

Linktipp: Die Eroberung der Nordwest-Passage

Ich habe das immer wie ein Schachspiel empfunden. Man fährt hinein und eröffnet damit das Spiel. Und die Natur, die Passage macht dann den nächsten Zug. Hoffentlich ist man ein genügend guter Schachspieler, um auf der anderen Seite anzukommen. Denn wenn man ein schlechter Schachspieler ist, dann verliert man. Und man kann eine ganze Menge verlieren.

ARVED FUCHS, ABENTEURER

Dies ist ein Seeweg, der einem schon wegen seiner schieren Länge von 6000 Kilometern den Atem raubt. Ein Seeweg, der bis heute große Gefahren mit sich bringt, aus denen Heldengeschichten werden. Es geht um die Nordwest-Passage, die jetzt in einer empfehlenswerten Filmserie auf Arte (Mediathek) über das Polarmeer und die Arktis vorgestellt wird. Auch wenn wir selbst 2015 auf dem Yukon deutlich südlicher unterwegs sein werden und unser Unterfangen eine ganz andere Dimension hat, so wird in die Faszination dieses Kontinents in jeder Aufnahme deutlich.

Die Dokumentation begleitet etwa den schwedischen Segler Dax, der um das europäische Nordkap herum um die Nordküste von Amerika einen Seeweg nach Asien zu erreichen versucht. Und sie spürt den Expeditionen von John Franklin und Roald Amundsen nach, die vor vielen Jahrzehnten als Entdecker in die Geschichtsbücher eingehen wollten. Noch bis Nikolaus ist war der 90-minütige Film in der Arte-Mediathek verfügbar, eine Serie soll folgen.

Auch Abenteurer Arved Fuchs kommt in der Reportage auf Arte zu Wort. Packend berichtet er da beispielsweise von seinen zahlreichen Expeditionen und ihren Herausforderungen, und was man daraus lernen kann. Und eben auch davon, wieso seine eigene Fahrt durch die Nordwest-Passage sehr viel mit einem Schachspiel zu tun hatte.
FOTO: POLAR SEA 360/ARTE/ZDF