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Kurzgeschichte

Ein junger Mann und eine Prophezeiung

Herausforderungen gibt es auf dem Yukon mehr als genug. Doch wie gehen wir mit Warnungen von Einheimischen um? Wenn plötzlich jemand unseren Traum infrage stellt? Lest hier im Yukon-Blog eine neue Kurzgeschichte.

Warnende Worte in Circle City

„Ihr werdet es niemals bis zur Beringsee schaffen“. Sagt da dieser kleine, dunkelhaarige junge Mann am Ufer. Ihr werdet es niemals schaffen. Das sitzt. Wir haben hier in Circle City gerade kurz vor Ladenschluss noch ein paar sündhaft teure Zwiebeln gekauft. Und jetzt sitzen wir auf einer Holzbank in der Nachmittagssonne, in der letzten Stadt am Yukon, die noch durch eine Straße erreichbar ist. „Der Yukon ist lang, er ist sehr gefährlich“, sagt dieser Mann namens Aiden, der sich zu uns gesellt hatte. Bis zur Beringsee sei es noch weit. Zu weit.

Ihr werdet es niemals schaffen.

Ist dieser Mann ein Prophet? Ein Mann, der unser Unheil kommen sieht, weil er den Yukon kennt wie seine Westentasche? Ein wenig irritieren uns seine vehementen Worte schon. Die Einheimischen sollten ihren Fluss, ihr Lebenselixier doch eigentlich am besten kennen. Haben wir vielleicht doch noch keine rechte Ahnung davon, was auf den verbleibenden 2000 Kilometern auf uns wartet?

Vielleicht aber weiß vielmehr Aiden nicht, dass wir unsere Expedition zwei Jahre lang geplant haben. Dass wir uns intensiv auf viele Unwägbarkeiten auf dem Yukon eingestellt, nur die beste Ausrüstung gekauft und schon 1000 Kilometer hinter uns haben. 1000 Kilometer, die teilweise hart waren. Wir wissen ja selbst, dass der härteste Teil noch kommt: weniger Strömung, unplanbares Wetter, kurze Tage, Stürme. Und uns ist klar, dass noch vieles passieren kann, was uns zwischen dem Hier und Jetzt und der Beringsee mächtig in die Quere kommen kann.

Ihr werdet es niemals schaffen.

Aidens Worte haken sich im Kopf fest, auch wenn sie sich nicht festhaken sollen. Er will mit uns am Abend selbstgemachten Schnaps trinken. Wenn Ihr schon mal hier seid, so das unausgesprochene Motto, könnt ihr mir doch Gesellschaft leisten. Doch uns ist nicht wohl dabei. Wir wollen nicht zelten in Circle, einem Dorf, in dem erfahrungsgemäß nachts herumbrausende Quads den Schlaf stören. Und Schnaps trinken wollen wir gerade eigentlich auch nicht. Wir wollen los, unser Abenteuer auf dem Yukon soll weitergehen.

Ihr werdet es niemals bis zur Beringsee schaffen.

Diese Worte hallen nach. Doch als wir Circle in Richtung Yukon Flats verlassen und unsere Paddel ins Wasser stechen, sagen wir uns: Jetzt wollen wir es schaffen. Jetzt erst recht.

FOTO: YUKON-BLOG.DE

 
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Kurzgeschichte

Yukon, ein Jahr danach

Yukon, genau vor einem Jahr. Nach zweieinhalb Monaten auf dem großen Fluss ist es jetzt bis zum Ziel unserer Reise nicht mehr weit: Emmonak an der Beringsee. Es ist Samstag, der 22. August 2015 deutscher Zeit. Nach Stunden als Spielball der Urgewalten erreichen wir endlich einen Seitenkanal. Hier sind die sich auftürmenden Wellen nicht mehr ganz so hoch und der stürmische Wind bläst nicht mehr ganz so stark. Permanent halten wir trotz Regens Ausschau nach diesem kleinen Fischerdorf namens Emmonak, sind geschlaucht von den hammerharten letzten Paddeltagen im Herbst Alaskas.

Schließlich nähern wir uns einer Siedlung mit Booten und Kränen; aber ist sie auch unser Ziel? Wir paddeln weiter, geben noch einmal alles, und passieren einen großen am Hafen liegenden Fischereitrawler. „Hi, is this Emmonak?“, brüllen wir den Männern am Heck zu. „Yes, welcome!“ schreien sie zurück. Und wir wissen, dass wir es wirklich geschafft haben. Das Ende einer Reise, die uns mehr als 3000 Kilometer auf dem Yukon River fast von der Quelle bis zur Mündung geführt hat.

Ankunft in Emmonak ohne Freudentaumel

Wir suchen einen Platz zwischen den kleinen Fischerbooten, die sich dicht an dicht an den Strand schmiegen. Und schließlich schiebt sich unser Kajak an einer freien Stelle in den Sand. Doch es gibt kein Himmelhochjauchzen. Wir sind einfach nur erschöpft und leer in diesem Moment, sind nicht in der Lage, das alles zu verarbeiten. Und wir müssen zusehen, dass die Wellen nicht auf den letzten Metern doch noch die anderen Boote auf unser Grabner-Kajak schieben.

Philipp organisiert einen Transporter, der unser Boot samt Ausrüstung wegbringen soll. Und so sitzen wir schließlich selbst auf der hölzernen Ladefläche, als der Pritschenwagen über den verschlammten Weg vom Strand weg fährt. Und genau dort entsteht nun dieses eine Foto von uns beiden, was uns im Nachhinein immer noch bewegt. Das Foto ist unscharf, weil Regen und Sand die Linse trüben. Das Foto erfüllt nicht in Ansätzen professionelle Kriterien. Und wir selbst? Wir sind verdreckt, durchnässt, übermüdet und nur allzu vollbärtig. Doch dieses eine Bild ist eigentlich viel besser als all die idyllischen, choreografierten Fotos. Es ist eine ehrliche, unperfekt perfekte Aufnahme am Ende unserer grandiosen Tour. Einer Tour, die so viel mehr bot als Hochglanz-Sonnenuntergänge und Wildnis-Panoramen.

Ein Blick zurück mit Stolz

Yukon, genau vor einem Jahr. Wir denken mit Freude, mit Stolz, ja, mit Wehmut an die Zeit auf dem Yukon zurück. Es war eine Zeit der einmaligen Erlebnisse, der Grenzerfahrungen, eine Reise zu neuen Ufern. Und: Wir würden es immer wieder machen. Es waren zweieinhalb Monate auf diesem einzigartigen Fluss, die uns verändert und bereichert haben.

Yukon, genau vor einem Jahr: Wir sind sehr dankbar für unsere gemeinsame Zeit in Kanada und Alaska. Und dankbar allen, die uns auf diesem Weg begleitet haben.

FOTO: YUKON-BLOG.DE

 
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Expeditionsbericht

Yukon. Emmonak. Ende einer langen Reise.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel unserer langen, grandiosen Reise.

Glücklich. Erschöpft. Überwältigt. Demütig. Stolz.

Heute hatten wir noch einmal schwer zu kämpfen mit den mit Abstand größten Wellen, dem stärksten Gegenwind, dem heftigsten Regen. Yukon, Du hast Dich zum Abschied noch einmal in Deiner rauen Schönheit gezeigt.

Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse. So viele, die wir noch nicht in Ansätzen verarbeitet haben. Egal. Wir sind am Ende einer 3200 Kilometer langen Reise auf dem großen Fluss durch Nordamerika. Eine Reise, die Spuren hinterlassen hat.

Emmonak, Beringsee, Alaska. Nach 65 Tagen auf dem Yukon sind wir am Ziel. Freunde, wir haben es geschafft!

English abstract: Emmonak, Bering Sea, Alaska. We really made it. So happy, exhausted, without words. 2000 miles on the Yukon River. What a trip of a lifetime.

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Expeditionsbericht

Endspurt bis nach Emmonak

Heute gilt es, und ihr könnt bei unserem hoffentlichen Endspurt sozusagen live dabei sein.

Nach einem weiterem heftigen 12-Stunden-Paddeltag am Donnerstag – Heimweh und leichter Rückenwind – stehen wir am heutigen Freitag vor den Toren Emmonaks. Und dann: endlich mal wieder duschen… Da der Fluss-Führer die Kilometerangaben in diesem Abschnitt nicht nachvollziehbar berechnet hatte, sind wir nun trotz gestriger 80 Kilometer immer noch 35 entfernt. Und für nachmittags ist starker Wind vorhergesagt, außerdem warten noch in paar navigatorische Highlights wie Sandbänke, so dass wir wieder sehr früh starten. Andererseits, 35 Kilometer von 3200…

Zur Feier des Tages versuchen wir es heute mal mit einem batteriefressenden, aber viel genaueren Tracking. Alle zehn Minuten sollte die Karte aktualisiert werden. Ab etwa 19 Uhr deutscher Zeit könnt Ihr also, wenn Ihr wollt, verfolgen, wie wir uns die letzten Kilometer an Emmonak an der Beringsee heranarbeiten. Und hoffentlich gegen Mitternacht deutscher Zeit tatsächlich am Ziel ankommen, dem Ende unserer Yukon-Tour.

Live-Karte von unserer Yukon-Tour: Inreach-Karte (Passwort: y15)

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Die Touren der Anderen

Per Floß über den Yukon

Mario und Ramona Goldstein wollen den Yukon mit dem Floß bezwingen. Ausriss: Freie Presse

Linktipp (1): Mario und Ramona Goldstein wollen es wissen. In diesen Tagen sind sie dabei, sich in Kanada am Lake Laberge ein Floß zu bauen. Dann soll es auf dem Yukon River flußabwärts in Richtung Beringsee gehen, immer westwärts. Mehrere Monate werden die beiden in der Wildnis unterwegs sein. Und wie es sich für ein solches Abenteuer gehört, wollen die Goldsteins die Tour in Form eines Films für die Nachwelt festhalten. Ein spannendes Projekt! AUSRISS: FREIEPRESSE.DE

 
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