Sie planen eine Tour, die nicht alltäglich ist. Eine Schweizer Familie will in diesem Sommer vier Monate lang mit dem Kanu durch Kanada und Alaska paddeln. Sie ist auf den Spuren der Karibus, den nordamerikanischen Vertretern der Rentiere. Vielleicht ist es für Oliver und Andrea die Reise ihres Lebens, die sie mit ihrem dreijährigen Sohn Flurin antreten wollen. Ein äußerst spannendes Projekt, denken wir. Und um Euch daran teilhaben zu lassen, haben wir mit Oliver mal ein Interview geführt.
?
Oliver: Das Motto unsere Reise lautet „Umiartortok Tuktu“. In der Sprache der Inuit bedeutet das frei übersetzt „Im Kanu zu den Karibus“, und das trifft es sehr gut. Wir starten im Juni in Whitehorse auf dem Yukon und werden mehrere Flüsse in Kanada und Alaska befahren. Am Schluss wollen wir bis an die Mündung ins Beringmeer kommen, in westlicher Richtung durch die herbstliche Tundra inmitten der Wanderrouten der Karibus.
?
Oliver: Am Anfang stand die Lektüre eines Artikels in der Geo, über die letzte große Tierwanderung unserer Erde. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mit meiner Frau allerdings noch nicht intensiv über Alaska nachgedacht. Unsere Outdoor-Touren haben uns da meist auf langen Trekkings in die Berge in der Schweiz und rund um die Welt geführt. Doch mit der Geburt unseres Sohnes Flurin wurde die Karibu-Idee wieder aktuell.
?
Oliver: Wie bisher in die Berge steigen, wie wir es wollten, war mit einem Kleinkind jedenfalls schlicht und ergreifend nicht mehr möglich. Wir hatten zwar bis dato überhaupt keine Ahnung vom Wassersport und Booten. Aber ein Kanu erschien uns als wunderbare Lösung, mit einem Kind auf Reisen zu gehen. Denn eines wollten wir eben nicht: Ab jetzt alle unsere spannenden Reisen und Touren aufgeben. Und so haben wir die letzten drei Jahre für unsere Kanada-Alaska-Karibu-Tour gelernt, trainiert, getüftelt und gebastelt.
?
Oliver: Wir sprechen viel mit ihm über die „große Reise“. Er freut sich riesig auf die Bären, sagt er. Er sitze dann auf Papas Schultern und sei dann sicher… Er freut sich auch, wie er sagt, „uf d’Indianer“. Mittlerweile weiß er allerdings auch, dass diese heute nicht mehr so leben wie in seinem Yakari-Comic-Buch über Indianer beschrieben. Mit dem Kanufahren und dem Tipi-Leben ist er aufgewachsen, selbstverständlich findet er das nun toll. Schon allein, weil Vater und Mutter dann immer ganz nahe sind.
?
Oliver: Für Kinder ist eine solche Reise kein Problem. Sind sie warm, gefüttert und die Eltern immer in der Nähe, dann ist ihre Welt in Ordnung. Und wenn es dann noch Tiere hat, wird es doch besser als jedes Bilderbuch und Fernsehprogramm dieser Welt… Vor hundert Jahren waren solche Reisen in Alaska mit Kind und Kegel übrigens alltäglich. Wir gehen da mit Menschenverstand, Erfahrung und Respekt vor der Natur ran. Und mit dem Inreach Explorer haben wir – wie Ihr ja auch – sogar anders als früher eine Verbindung zur Außenwelt, etwa zu unserem Hausarzt.
?
Oliver: Die wichtigsten Dinge sind geplant und nahezu abgeschlossen. Als Perfektionist ist man aber nie ganz fertig… Herausforderungen sehen wir aktuell eher im „Ausstieg“ aus dem Alltag und den notwendigen Lösungen im Job, mit dem Haus und ähnlichem.
?
Oliver: Wir freuen uns auf eine ganz intensive Zeit als Familie. Alleine auf uns gestellt zu sein in der Natur, diese Erfahrungen haben wir schon in der Vergangenheit immer wieder als großartig erlebt. Dass es nun gleich vier Monate sind, ist natürlich etwas besonders. Verglichen mit den Reisen der ersten Bewohner des Nordens ist unsere Tour mit den heutigen Möglichkeiten aber eigentlich doch wieder nichts Besonderes. Vielleicht können wir aber mit dem, was wir auf diese Weise mit ganz einfachen Mitteln erfahren, deren Leistungen ein wenig „nacherleben“.
?
Oliver: Da träumen wir davon, am Noatak River Gruppen von Karibus im Fluss schwimmen zu sehen. Dies vor einer herbstlich verfärbten Tundra, gefolgt von einer Nacht mit Polarlichtern. Und dann wird nicht nur der Fotograf schwelgen.
FOTOS: O. AMANN (4), US FWS PUBLIC DOMAIN (1)
ZUR PERSON: Oliver (44), Andrea (40) und Flurin (3) wohnen in Basel in der Schweiz. Seit jeher sind sie gerne in der Natur aktiv, so beispielsweise in der Wüste im südlichen Afrika, auf dem Eis in Patagonien oder in den Höhen der Anden. Bis heute steigen sie gerne auf Berge (Klettern, Hochtouren, Skitouren) und sind natürlich auf Flüssen unterwegs. Kontakt: oliver.amann -at- bluemail -punkt- ch